Anders einkaufen in unserer Gemeinde
Ein Aufruf zum Nachdenken und Handeln
Dass das alles uns betrifft, dass wir dringend etwas ändern müssen, ist offensichtlich. Dass die Dringlichkeit des Themas endlich in der breiten Öffentlichkeit angekommen ist, ist gut. Viele reden darüber, (fast) keine politische Partei kann es sich mehr leisten, den
Klima- und Umweltschutz nicht als prominentes Thema auf ihrer Agenda zu haben. Es ist allerhöchste Zeit, aus unserer Komfortzone auszubrechen und zu handeln: politisch, gesellschaftlich, privat!
Was heißt das für uns in Sülz-Klettenberg, in unserer Pfarrgemeinde?
– Stichproben –
Für die ca. 25.000 Menschen, die im Einzugsgebiet unserer Gemeinde Sülz-Klettenberg leben, gibt es rund ums Jahr eine Vielzahl von Veranstaltungen, für die immer wieder Lebensmittel, Büromaterial und andere Gebrauchsgegenstände angeschafft werden müssen. Diese Einkäufe werden von vielen organisiert. Durch die dezentrale Organisation sind es viele Räder, die ineinander greifen – oder vielmehr nebeneinander herlaufen.
Es sind meistens Ehrenamtliche, die Einkäufe koordinieren. In ihrer Freizeit fahren sie zum Supermarkt oder zur Metro und kaufen nicht selten für sechzig, siebzig, manchmal für hunderte von Menschen ein. Der Einkaufszettel (egal ob auf Papier oder digital im Handy) ist in jedem Fall lang und hat oft im Vorfeld einiges an Überlegungen, Kalkulationen, Absprachen und Kopfzerbrechen gekostet. Aber spielen Kriterien wie Bio- oder Umweltsiegel, Fair Trade, Vermeidung von Verpackung, Herkunft der Produkte eine Rolle? Gibt es bereits ein Bewusstsein für nachhaltiges Einkaufen?
Mit einem Fragebogen und in persönlichen Telefonaten haben wir einige der „Einkäufer“ in St. Nikolaus, KarlBorromäus und St. Bruno zu ihrem Einkaufsverhalten befragt. Wir wollten Klarheit bekommen, um den Blick nach vorne zu richten: Worauf können wir beim Einkauf achten? Was können wir verändern? Wie können wir unseren Teil als Pfarrgemeinde dazu beitragen, damit wir bewusster und weniger umweltschädlich einkaufen und konsumieren?
Heraus kommt ein buntes Bild
Der Preis spielt bei allen Befragten eine Rolle, was logisch ist. Für die Jugend in St. Bruno, die für das Pfarrfest einkauft, ist der Preis sogar das ausschlaggebende Kriterium, weil der Erlös in die Jugendarbeit fließt. Über Großbestellungen versuchen die beiden Pfarrbüros, Rabatte zu erhalten; in St. Bruno werden alle eineinhalb Jahre große Mengen Papier geordert. Das Beispiel zeigt, wie viele Aspekte hineinspielen: Durch die große Bestellung sinkt der Preis, der Lieferwagen muss in einem längeren Zeitraum nur ein Mal vorbeikommen. Allerdings sind die angelieferten Paletten für den sicheren Transport in mehrere Lagen Plastikfolie eingeschweißt, wodurch viel Verpackungsmüll entsteht.
Umweltfreundlich = teurer?
Der Pfarrbrief, der zwei Mal jährlich erscheint, wird mit der Ausgabe im Herbst/Winter 2019 erstmals auf umweltfreundlichem Offsetdruckpapier gedruckt. Recyceltes Papier zu verwenden ist allerdings nicht nur teurer (beim Pfarrbrief entstehen Mehrkosten von rund 800 Euro pro Ausgabe bzw. 6 Ct.pro Heft), sondern oft leidet auch die Brillanz der Farben im Druck auf dem meist blasseren Papier: Wir sind gespannt auf das Ergebnis.
Dass „nachhaltig“ nicht immer gleichbedeutend mit „teurer“ sein muss, zeigt das Beispiel, das Pfarrsekretär Wilhelm Bertram anbringt: Neigt sich der Toner in den Druckern dem Ende zu, werden nicht die Originalkartuschen, sondern recycelte Toner bestellt; die Qualität sei gut und der Preisunterschied erheblich.
Hochwertig und bio soll es sein?
Beim Einkauf für den Alleinerziehendenbrunch ist für Diakon Hanno Sprissler der wichtigste Aspekt die hohe Qualität der Lebensmittel. Das habe etwas mit der Wertschätzung für die Teilnehmer zu tun. Lebensmittel sollten auf jeden Fall Bioqualität haben. Im Zweifelsfall hat das Biosiegel für ihn bisher Vorrang vor regionalen Produkten ohne Bio-Zertifizierung. Dass die
Bio-Geflügelfleischwurst in Plastik eingepackt ist und nicht an der Wursttheke verkauft wird, die Bio-Spitzpaprika ebenfalls mit Plastik umhüllt ist, störe ihn zwar. Bei unterschiedlichen Supermärkten oder Anbietern für die bis zu 70 Teilnehmer einzukaufen, um Verpackung zu sparen oder die frischen Lebensmittel auf dem Wochenmarkt zu besorgen, sei wegen des höheren Zeitaufwandes aber kaum machbar.
Dass nicht alle Einkäufer dem Thema nachhaltige Herstellung von Lebensmitteln Priorität geben, ist bei unserer Recherche deutlich geworden: In einem Beispiel entsprach das eingekaufte Frischfleisch, das durch ein Tierhaltungslabel gekennzeichnet war, von
vier Stufen der Haltungsform der schlechtesten Stufe (1 = Stallhaltung).
Zu viel Plastikmüll
Auf der ökumenischen PfarrGemeindeKirmes, die immer im September rund um St. Nikolaus stattfindet, bewegt sich einiges. Das sagen Alexander Virnich und Stefan Pal, die für die Veranstaltung mitverantwortlich sind. Langfristiges Ziel sei, auf Plastik so weit wie möglich zu verzichten. Das gehe aber oft nur Schritt für Schritt. Ein Riesenpaket mit Plastikstrohhalmen, von dem nur ein Achtel verbraucht wurde, gehöre ebenso zu den vorrätigen Altbeständen wie beispielsweise 700 Plastikmesser – die Nachfrage nach den dazugehörigen Gabeln war in der Vergangenheit scheinbar größer: Sie sind bereits aufgebraucht.
Sobald die Höhe der Erlöse aus der diesjährigen PfarrGemeinde-Kirmes feststehen, soll ein Teil davon z. B. für Opferlichte ohne Plastik in unseren Kirchen verwendet werden. Ein Umdenken hat auch schon beim Einkaufen für die Fahrt und das Dankesfrühstück der Kommunionkinder in St. Nikolaus eingesetzt: Statt Einweg- gibt es jetzt Mehrwegflaschen; die Einwegtischdecken wurden durch Tischdecken aus Stoff und die kleinen Tetrapacks Kondensmilch durch große ersetzt, erklärt Bernd Virnich.
Mut zum Umdenken und Ausprobieren
Schon während der Telefonate mit den „Einkäufern“ gab es in mehreren Fällen konkrete Ideen und Überlegungen, was man tun könnte, um nachhaltiger als bisher einzukaufen. Zum Beispiel das blütenweiße (Brief-)Papier durch Recycling-Papier auszutauschen; ob dadurch die Pfarrnachrichten tatsächlich weniger gut lesbar wären, würde Pfarrsekretärin Ute Mahr gerne mal
ausprobieren. Auch die Frage, ob man statt im Internet zu bestellen nicht öfter die lokalen Händler vor unserer Tür stärken sollte, gehört zu ihren Überlegungen.
In unserer Pfarrgemeinde gab und gibt es verschiedene Menschen und Initiativen, die sich teilweise seit vielen Jahren mit der „Sorge für das gemeinsame Haus“ – wie Papst Franziskus es in seiner Umwelt-Enzyklika Laudato Si benennt - beschäftigen. So lädt seit 2004 der Ökumenische Arbeitskreis „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ in unregelmäßigen Abständen sonntagabends von 19.30 bis 21 Uhr ins Tersteegenhaus zum „Abendgespräch zur Sache“ ein. Es werden Fachleute eingeladen, die beispielsweise zu Themen wie Zukunft unseres Planeten, Fluchtursachen oder gesunde Ernährung sprechen und mit den Anwesenden ins Gespräch kommen.
Ein anderes positives Beispiel dafür, wie der Gedanke von Nachhaltigkeit als Pfarrgemeinde in die Praxis umgesetzt wird, zeigt uns die evangelische Gemeinde in unserem Veedel. Wie Gabi Rieger-Wettengl vom Presbyterium erzählt, hat die Gemeinde vor einigen Jahren zu einem anderen Stromanbieter gewechselt und bezieht nun zu 100 % Strom aus regenerativen Energien. Nach dem Sonntagsgottesdienst verkaufen Gemeindemitglieder am Eine-Welt-Stand fair gehandelte Produkte. Das Presbyterium hat sich darauf geeinigt, bei Treffen Teller mit frischem Obst oder selbst geschmierten Broten hinzustellen und auf kleinteilig verpackte Süßigkeiten zu verzichten. Das Thema Vermeidung von nicht recycelbarem Müll und von Ressourcenverschwendung ist für die Gemeinde drängend und sehr aktuell: Seit kurzem unterstützt sie finanziell und räumlich den Unverpacktladen Tante Olga und ist außerdem Gründungsmitglied des Zero Waste Köln e. V., einem im Juni 2019 gegründeten Verein, bei dem es genau um diese Themen geht. Am 19. September 2019 fand in der Nikolausstube ein erstes Treffen von interessierten Menschen aus unserer
Pfarrgemeinde statt, um sich darüber auszutauschen, wie wir unser Gemeindeleben umweltbewusster, fairer und nachhaltiger gestalten können. Es gab eine Menge Redebedarf und konkrete Ideen, wie wir uns besser vernetzen und das Thema weiter voranbringen können.
Alle, die Lust haben, mitzudenken und etwas zu bewegen, melden sich gerne bei Victoria Sonntag.
Es tut sich was – aber es ist noch viel Luft nach oben!
In unserer Pfarrgemeinde ist in den vergangenen Jahren ein wachsendes Bewusstsein für einen verantwortungsvolleren Konsum zu beobachten. Wichtig ist, dass wir uns weiter bewegen, uns austauschen, miteinander vernetzen, von den vielen bereits gemachten Erfahrungen profitieren, bestehende Initiativen vorantreiben und neue entwickeln. Als Christen und als Pfarrgemeinde haben wir eine Menge Verantwortung, uns aktiv für die Bewahrung der Schöpfung einzubringen. Es ist höchste Zeit, aus unserer Komfortzone auszubrechen.