Auferstehung und ewiges Leben: Triumph über den Tod oder Annahme des Leids?
Wer, wie Jesus, das Leid überwindet, kann im Tod, ja sogar über den Tod triumphieren. Wer so dargestellt wurde, der wurde nicht einfach gequält und gehängt. Dem wurde ein Weg gezeigt, der Kreuzweg. Der nahm das Leiden an, im Glauben an Erlösung, an Triumph. Christus triumphans – das gemalte Tafelkreuz hält Einzug in die Kirchen, in die Liturgie und in die individuelle Ausübung des Glaubens in der Anbetung.
Dann kam der Künstler Cimabue, und noch bevor er anfing, die Fresken der Oberkirche von San Francesco in Assisi zu planen, malte er etwa 1285 für die Kirche Santa Croce in Florenz ein Tafelkreuz. Jesus als Leidender, Ertragender – aber wirklich als Gestorbener? Dieser Gekreuzigte hat viel zu viel Körperspannung, seine sehnigen Arme hängen nicht durch, sein Oberkörper wölbt sich nach vorne, seine Füße scheinen eher zu stehen, als das ganze Gewicht des am Kreuze Gestorbenen zu tragen. Er ist ein Christus patiens, ein Leidender – ein Erduldender? Mit geschlossenen Augen erfüllt er seinen Auftrag. Vom Triumph über den Tod ist hier nichts mehr zu sehen, aber von der Marter des Kreuzweges und der Kreuzigung ebenso wenig.
Wenig später dann bei dem großen Giotto, der ebenfalls vor Erfüllung seines Mammut-Auftrages in Assisi einige Tafelkreuze anfertigte. Bei seinem großen Kruzifix für Santa Maria Novella in Florenz (etwa 1301) wird das Leid, das Jesus erleben musste, deutlicher. Blut fließt, die Füße hängen tatsächlich mehr, als dass sie stehen, Oberkörper und Kopf sind von Kraft verlassen.
Vom Christus triumphans zum Christus patiens und damit der zu der Darstellungsform, die auch heute, fast 900 Jahre nach den ersten gemalten Darstellungen des Gekreuzigten vorherrscht. Wieso eigentlich – wieso wird Jesus nicht mehr triumphierend über Leid und Tod dargestellt, sondern (weit überwiegend) Leid und Tod erduldend? Beiden Darstellungsformen ist das Wissen um Erlösung, um Auferstehung von den Toten gemein. Zunächst sehr deutlich, indem Christus der Tod erst gar nichts anhaben kann. Später dann etwas subtiler, indem Jesus Christus mit seinen Wundmalen dargestellt wird und mit seinen geschlossenen Augen auch eindeutig gestorben. Aber so, wie er am Kreuze hängt, zeigt er uns sein Leid, damit auch wir begreifen. Mitleiden müssen wir allerdings nicht mehr, er hat das Leid schon längst überwunden und wusste, dass er sich Gottvater anvertrauen konnte.
Betrachten wir heute diese Tafelkreuze, mögen sie uns wegen ihres kunsthistorischen oder auch touristischen Wertes interessieren. Sie können uns aber vielleicht ja sogar trösten. Jesus Christus hat alles Leid auf sich genommen, er ist den Tod am Kreuz gestorben, aber indem er uns die Spuren seines Leids zeigt, macht er sichtbar, dass das Leid überwunden ist. Er ist seinen Weg gegangen, er hat seinen Tod angenommen, und so können wir auch unseren Kreuz-Weg gehen – auch wir, wie Jesus, im Vertrauen auf Erlösung im Tod.
Der triumphierende Christus am Kreuz ist großartig, er ist ein Sieger. Aber wieviel ehrlicher ist der leidende Christus, derjenige, der seinen Weg und seinen Tod erduldet. Vielleicht war es dieser Gedanke, der die Menschen seit dem späten 13. Jahrhundert dazu brachte, für die Anbetung eine Darstellungsform zu wählen, die zunächst drastisch erscheint, die aber letzten Endes die tröstlichere ist.
Wir in Köln wissen das schon lange – mit unserem Gerokreuz im Kölner Dom, ungefähr 970 entstanden, wurde Christus bereits als Gestorbener dargestellt (allerdings als Skulptur, nicht gemalt). Im Anblick dieses Kreuzes können wir selbst entscheiden – mitleiden oder vertrauen. Oder glauben?