Nachhaltig trotz Corona
Rückzugsort Kleingarten
Anderen aus dem Weg gehen, eigenes Gemüse ernten oder die Kinder draußen toben lassen – klar im Vorteil war und ist, wer einen Garten hat. Die Kölner Kleingartenvereine erleben ja nicht erst seit Corona eine vermehrte Nachfrage. Doch in den vergangenen Monaten explodierten die Anfragen, berichtet Volker Dolling, Vorsitzender des KGV Köln-Lindenthal von 1920 e.V. Waren es vorher wöchentlich etwa fünf bis sieben Nachrichten, meldeten sich ab März täglich 10 bis 15 Interessenten bei ihm. „Meist waren es Familien mit kleinen Kindern“, berichtet Dolling.
Geantwortet habe er aufgrund der Masse nur denjenigen, die selbstgemalte Bilder der Kinder beigelegt hatten. Doch auch die bekamen keine Zusagen, denn so viele Gärten stehen gar nicht zur Verfügung, viele Pächter bleiben ihrer Oase jahrzehntelang treu. „Die waren natürlich froh, gerade in der Corona-Zeit einen Rückzugsort zu haben. Unsere Gärten waren noch nie so früh im Jahr in einem so guten Zustand. Die Anlage wurde viel häufiger genutzt.“ Für die zahlreichen Bewerber heißt es deshalb weiter Geduld haben und warten, auch wenn es derzeit keine Gespräche gibt und auch keine Warteliste geführt wird.
Manches steht auf Pause
Die Corona-Zwangspause hat auch einige der Initiativen, die wir im vorherigen Pfarrbrief im Frühjahr vorgestellt haben, betroffen. So sind die Food-Sharing-Verteilstationen derzeit geschlossen. Trotzdem gibt es einzelne Lebensmittelretter, die eine sichere Vorgehensweise gefunden haben, Übriggebliebenes vor der eigenen Haustür zum Mitnehmen anzubieten. Das Angebot wird von Nachbarn gerne genutzt, ist aber natürlich nur ein Bruchteil der vorherigen Möglichkeiten. Ob und wie der ökologisch-soziale Karnevalsverein „Grüne Rheinfunken“ in dieser Session nochmal zum Zug kommt, steht ebenso in den Sternen.
Aber es gibt nachhaltige Angebote im Veedel, die sich trotz Corona nutzen lassen:
Fahrräder und Werkzeuge leihen, Bücher und „Dingsbums“ tauschen
Weitgehend kostenlos ist das Angebot beim Nachbarschaftsatelier
„Hinsundkunzt“, das aus Kreativ- und Werkräumen im Hinterhof der Berrenrather Str. 182 besteht. Hier sind mit Hilfe einer engagierten Community viele Angebote entstanden, Dinge zu leihen statt zu kaufen, etwa Lastenräder, E-Bikes oder Werkzeuge. Auch eine Sharing-Plattform für Autos gibt es. Außerdem stehen dort Bücherschränke, Tageszeitungen zum Mitnehmen und Regale für den Austausch von sogenanntem „Dingsbums“: Was der eine nicht mehr braucht, ist für den anderen perfekt – und warum bis zum nächsten Flohmarkt warten? Kleider- oder Spielzeug-Tausch-Partys runden das Angebot ab.
Wer also etwas sucht, tut gut daran, erst einmal hier nachzufragen. Hilfe und Ratschläge gibt es meist kostenlos dazu. Auch ein Repair-Café unterstützt jetzt neu beim Weiterverwenden von Geräten. Natürlich werden bei allen Veranstaltungen, bei denen Menschen zusammentreffen, die gängigen Hygieneregeln eingehalten.
Virtueller Kontakt von Nachbar zu Nachbar
Eine aktive Plattform für den (Aus)Tausch und das Verschenken ist das Portal nebenan.de, das sowohl im Browser als auch als App funktioniert. Die Besonderheit im Gegensatz zu Netzwerken wie Facebook und Co. ist, dass sich das soziale Start-up bemüht, jedes Mitglied zu verifizieren, sodass sich tatsächlich Nachbarn in einem begrenzten Umkreis darin tummeln. Es funktioniert wie ein schwarzes Brett im Veedel und bringt – laut persönlicher Erfahrung – viele nette Kontakte und Treffen mit sich, durch die das Zusammengehörigkeitsgefühl im Viertel wächst. Da fragt es sich auch mal leichter nach einer Bohrmaschine oder dem fehlenden Ei für den Kuchen. In Coronazeiten wird auch der Austausch von Dingen mit Maske oder eine kontaktlose Übergabe im Treppenhaus verabredet.
Unverpackt einkaufen
Zum nachhaltigen Einkaufen gehören die „Unverpackt“-Läden, von denen „Tante Olga“ sicherlich schon einigen ein Begriff ist. Hier gibt es nicht nur lose Ware und passende Behältnisse, sondern auch regelmäßig Vorträge und DIY-Workshops – zum Beispiel, wie man sich Haushaltsreiniger oder Kosmetikprodukte selbst machen kann. Auch in Zollstock hat kürzlich auf dem Höninger Weg ein Unverpackt-Laden eröffnet.
Engagement in der Gemeinde
Die noch junge „Nachhaltigkeitsgruppe“ unserer Kirchengemeinde, die sich einige positive Veränderungen vorgenommen hat, hat im Herbst wieder losgelegt. Zwar wurde der Familiensonntag im Brunosaal, für den Spülhelfer gesucht wurden, um auf Einweggeschirr verzichten zu können, abgesagt. Auch die Pfarrgemeindekirmes, bei der selbst mitgebrachte Teller und Tassen gerne gesehen sind, fand nicht statt. Doch die Ideen sollen lebendig bleiben. Etwa dort, wo unter Auflagen wieder Veranstaltungen stattfinden, für die eingekauft wird, soll der Nachhaltigkeitsaspekt trotz Corona nicht außer Acht gelassen werden. Außerdem wird eine Verbindung zum Arbeitskreis „Kirche und Gesellschaft“ geschaffen, da dieser sich oft mit Umwelt und Nachhaltigkeit befasst und bspw. Referenten zu diesen Themen einlädt. Davon könnte auch die „Nachhaltigkeitsgruppe“ profitieren, die die Infos und Tipps dann ganz konkret in die Gemeinde einbringt.
Wer Updates oder Infos zu weiteren nachhaltigen Initiativen oder Angeboten hat, kann gerne eine Mail an die Redaktion schicken: E-Mail an die Redaktion