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Neue Küsterin:Eine Aufgabe, die keine Arbeit ist

Zu ihrem neuen Job braucht Roswitha Blömer nur noch sieben Minuten zu Fuß. Seit dem 1. Juni ist die 66-jährige Sülzerin offiziell als Hilfsküsterin für St. Nikolaus angestellt. „Mein Vertrag geht über dreieinhalb Stunden in der Woche, aber mir war von Anfang an klar, dass ich mehr mache“, erklärt sie mit einem offenen Lächeln und lässt sich zum Gespräch auf den Kirchenstufen am Nikolausplatz nieder.
Roswitha Blömer
Datum:
19. Sep. 2020
Von:
Katja Fischborn

Eigentlich ist Roswitha Blömer jetzt offiziell Rentnerin und freut sich darüber, den Wecker morgens nicht mehr stellen zu müssen. Doch dank des kurzen Fußmarsches schafft sie auch den Schulgottesdienst am frühen Mittwochmorgen in St. Nikolaus ganz locker.

Zu ihren Aufgaben als Küsterin gehört nämlich, sämtliche Gottesdienste – natürlich auch am Wochenende
– vorzubereiten: Türen aufschließen, Licht anknipsen, Kerzen anzünden, die Schriften etwa für die Lesungen rauslegen, die Gewänder für den Pfarrer heraussuchen. Weiß, Grün, Violett – je nachdem, welche Zeit des Kirchenjahres gerade ist. Und nach der Messe muss sie natürlich alles wieder wegräumen, die Kerzen auspusten, das Licht ausschalten. Während der Gottesdienste bleibt sie immer da. Wenn sie trotzdem mal eine Lesung nicht mitbekommen hat, holt sie den Inhalt gern zu Hause nach. „Die Geschichten finde ich einfach unglaublich spannend“, erklärt sie sehr überzeugend. Und: „Ich habe nie das Gefühl, hier zur Arbeit zu gehen.“ Sie hat viel Spaß daran, sich einzubringen, Leute zu treffen und dabei auch neue Menschen kennenzulernen.

Zu Hause herumzusitzen ist Roswitha Blömers Sache nicht: Sie braucht eine Aufgabe, die ihr Freude
macht. Zuvor hat sie 22 Jahre beim Schwesternorden der Cellitinnen am Severinsklösterchen gearbeitet. Auf der dortigen Pflegestation hat sie angefangen, nachdem vor 23 Jahren ihre jüngste Tochter Silke nach langer Krankheit verstarb. Für Roswitha Blömer war damals schnell klar, dass sie unter Leute gehen und Sinnvolles tun möchte. Die Arbeit veränderte sich im Laufe der Zeit, die Tätigkeitsbereiche wandelten sich. In den letzten drei Jahren war sie dann für alle Aufgaben in den Kapellen dort zuständig, vom Blumenschmuck bis zur Messvorbereitung für sämtliche Gottesdienste. Das bedeutete ab und zu sogar hohen Besuch. „Ich habe auch schon Bischöfe angekleidet“, erzählt Blömer.

Ihr Job bedeutete neben den Einkäufen morgens früh auf dem Blumen-Großmarkt oft Einsätze abends und sonntags. Doch ein – zum Glück glimpflicher – Autounfall am Heiligabend 2017 machte ihr klar: Sie will damit aufhören und in Rente gehen. Da sie aber in St. Bruno – lange ihre „Heimatkirche“ – schon in der Kleiderkammer der Caritas und in einer Frühstücksgruppe aktiv war und dort auch bereits ab und zu in der Kirche aushalf, blieb sie nicht lange ohne neue Aufgabe. Pfarrer Schurf passte sie direkt ab, als beide sich unterwegs begegneten – und schon bald stand das neue Küsteramt fest.

Nun kann Roswitha Blömer in allen drei Kirchen auch kurzfristig aushelfen. So gab sie ihr „Debüt“ im Juni eher spontan in St. Bruno. Doch da sie Küster Andreas Slabon, den sie hauptsächlich unterstützt, schon länger kennt und ihr viele Gesichter in den Kirchengemeinden vertraut sind, bewältigte sie diese Herausforderung locker.

Mit der Kirche fühlt sie sich schon seit ihrer Kindheit verbunden, ihr Glaube sei „wie ein roter Faden, der sich durch ihr Leben ziehe“, beschreibt sie es. Manchmal habe sie schon gehadert und geschimpft, ihn aber nie verloren. Zum Beten brauche sie keine festgelegten Uhrzeiten, auch wenn sie gerne in den Gottesdienst gehe: „Im Laufe des Tages spreche ich immer wieder mit Gott, wie es die Situation gerade erfordert. So bin ich immer im Kontakt mit ihm.“

Da ihr Mann, mit dem sie vor vielen Jahrzehnten als junge Frau aus Dinklage nach Köln zog, bereits verstorben ist, besucht sie wann immer möglich mit Freunden Konzerte in der Philharmonie, unternimmt Radtouren, Wanderungen oder unterhält sich auf langen Spaziergängen – gerne auch auf Friedhöfen – in Köln. Für Roswitha Blömer sind sie schöne Orte der Erinnerung und gleichzeitig eine Oase zum Ausruhen und Entspannen. Trotz – oder gerade wegen – ihrer mehrfachen persönlichen Begegnungen und Auseinandersetzungen mit Krankheit und Tod hat sich Roswitha Blömer zwar schon überlegt, wo sie selbst eines fernen Tages beerdigt werden will, noch steht sie aber am liebsten mitten im Leben. „Ich bin ein fröhlicher Mensch“, sagt sie über sich selbst. Und sie liebt die schönen Dinge wie die Natur und vor allem Blumen. Gerade stehen Rosen in der Vase auf dem Tisch zu Hause. „Aber es gibt keine Blume, die ich nicht mag“, erklärt sie nachdrücklich. So wie es bislang auch noch keine Situation in ihrem Leben gab, die sie nicht meistern konnte.