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Meine Karriere, meine Wohnung, meine Menschen: Mein Wille geschehe.

Beliebig kann man in jungen Jahren diese Bilder austauschen. Pläne, Wünsche und Visionen werden entworfen und, mehr als wir glauben, durch Gesellschaft, Umfeld und Erziehung geprägt. Im Laufe eines Lebens zeigt sich jedoch allzu oft, dass das, was wir wollen, nicht geschieht.
Lebensspurwechsel
Datum:
2. März 2017
Von:
Daniela Hack
Lebensspurwechsel-1

Ein Lebensentwurf zerspringt:

• Die Ehe zerbricht.
• Der Job wird gekündigt.
• Der Partner stirbt.
• Die unheilbare Krankheit schreitet fort.
• Der Kinderwunsch bleibt unerfüllt.
• Ein Unfall ändert alles.
• Der passende Partner ist unauffindbar.

Die Liste der zerplatzten Lebensentwürfe ist so individuell, wie Menschen es sind. Doch eines scheint uns zu verbinden, wenn Schicksalsschläge uns ereilen, ob plötzlich hereinstürzend oder schleichend sich ankündigend: die Ohnmacht. Keine Wendemöglichkeit, kein Ausweg! Die verfolgte Lebensspur endet und führt ins Leere. Das Geschehene bringt uns Schmerz, Trauer, Wut, Angst, verbunden mit Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.

Wie geht es weiter?

Ich kann entweder in die Offensive gehen, meine Lebensentwürfe ändern und die zerbrochenen Pläne ersetzen: ein Plan B, ein anderer Beruf, eine neue Partnerschaft, ein adoptiertes Kind. Damit richte ich mein Leben neu aus. Wenn das gelingt, ist der Spurwechsel geglückt. Was aber, wenn mich das nicht trägt? Wenn Sinn und Perspektive verloren bleiben? Wo kommt dann die Kraft her, weiterzumachen?

Anselm Grün* schreibt dazu: „Sie müssen auf den Grund Ihrer Seele gelangen, um einen neuen Grund für Ihr Leben zu finden.“ Doch wo ist dieser Grund, und wie komme ich dahin? Hier geht es nicht um eine Richtschnur, der ich folgen kann, sondern darum, mich aufrichtig dem Leid, das in mir tobt, zuzuwenden. Mein Leid ohne Gegenwehr zulassen und ihm einen Platz geben, damit der Weg frei wird zu dem Grund in mir - und auch zu dem Grund, warum ich (weiter) lebe. Es gebe eine schmerzhafte und heilende Stille vor Gott, in der ich meine Wunden zum Bewusstsein bringen könne.

Auf diese Möglichkeit weist Franz Jalic* in dem Buch „Der kontemplative Weg“ hin: „Der Mensch muss seine Wunden weder selbst heilen noch analysieren. Er muss sie nur in der Gegenwart Gottes anschauen und erleiden.“ Welchen Weg wir in Zeiten der Not auch immer gehen, jeder auf seine Weise, letztlich führt uns der Weg näher an uns und unser wahres Leben heran. Wenn wir dann zurückblicken auf den Entwurf unseres Lebens, erkennen wir häufig einen Schritt des Reifens hin zu einem authentischeren Zeugnis von uns selbst. Bewusst oder unbewusst gehen wir damit auch auf Gott zu. Und vielleicht betet manch einer heute das Vaterunser mit einem anderen Verständnis: „Dein Wille geschehe … “.